Amy's Geheimnis by Deborah O'Brien

Amy's Geheimnis by Deborah O'Brien

Autor:Deborah O'Brien [O'Brien, Deborah]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3548611605
Herausgeber: Ullstein Taschenbuchverlag
veröffentlicht: 2013-09-12T22:00:00+00:00


Heute

Die malenden Damen waren von Angies Bild von Amy so angetan, dass sie sich selbst an Porträts versuchen wollten. Obwohl Angie ihnen erklärte, wo die Schwierigkeiten lagen, besonders in den Händen unerfahrener Amateure, gaben sie keine Ruhe.

»Als ich an der Kunsthochschule war«, erzählte sie ihnen, »hat man uns erst im dritten Jahr erlaubt, Menschen zu malen. Die ersten zwei Jahre haben wir damit verbracht, Flaschen und Vasen zu zeichnen, ab und zu auch Würfel, Prismen und Kugeln, meist in Schwarzweiß.«

»Wie langweilig«, stellte Narelle fest.

»Kann schon sein, aber es war eine gute Grundlage.«

»Könntest du nicht das Wesentliche der Porträtkunst für uns zusammenfassen?«, fragte Moira.

Angie wusste schon, dass sie sich nicht durchsetzen würde. Also konnte sie auch gleich nachgeben. »Ist gut, aber es muss ein Bild von einem Kind sein. Erwachsene sind zu kompliziert. Bei Kindern darf es ruhig ein bisschen kitschig werden, das ist kein Problem.«

Sie fertigte eine Skizze von Jennies Gesicht an und zeigte ihnen die Proportionen. Dann demonstrierte sie, wie man Hautfarben mischte und Haare mit einem Pinselstrich so malte, dass es aussah, als könnte man jede Strähne sehen.

»Bringt nächste Woche ein großes Foto mit. Es kann ein Kind von euch sein, ein Enkel, eine Nichte oder ein Neffe. Oder auch ihr selber, als ihr klein wart.«

Der Raum brummte vor Begeisterung. Über den Lärm hinweg rief sie: »Erwartet nicht, mit eurem ersten Versuch gleich den Archibald-Preis zu gewinnen.«

Es war ein langer Winter gewesen, angefangen vom Anzac-Tag, dem australischen Nationalfeiertag am 25. April, bis weit in den September hinein. Seit dem offiziellen Frühlingsbeginn waren die Nächte nicht mehr ganz so kalt – was bedeutete, dass aus zwei Wärmflaschen eine wurde. Doch obwohl die Temperaturen gestiegen waren, blieb der Frost problematisch, weil er immer dann zuschlug, wenn man ihn am wenigsten erwartete. An diesem Morgen fiel es allerdings nicht schwer, den Winter und seine eisigen Nachwirkungen zu vergessen. Die Kirschbäume blühten rosa, der Lavendel war voll mit flatternden orangefarbenen Schmetterlingen, und das abgestorben wirkende Gras war auf einmal zu kniehoher Pracht herangewachsen, wie ein Teenager nach einem Wachstumsschub. Richard kam mit einem Anhänger vorgefahren, auf dem sein neuer Aufsitzmäher stand. Er brauchte zwei Stunden, um die drei Morgen Land zu mähen – sein alter Rasenmäher hatte die gleiche Arbeit in zweieinhalb erledigt.

Jetzt saßen sie in der Küche, tranken Tee und aßen Schokoladenschnitten, die noch von Angies Malklasse übrig waren.

»Kann ich dich nicht wenigstens fürs Rasenmähen bezahlen, Richard?«

Er runzelte die Stirn, als sei er schon beleidigt, dass sie es ihm überhaupt anbot, aber dann sagte er: »Vielleicht denkst du mal darüber nach, dir ein paar Ziegen oder Alpakas zuzulegen, um ihn kurz zu halten. Ziegen vielleicht eher nicht, da ihre Hufe den Boden zu fest werden lassen. Und wahrscheinlich entkommen sie und fressen deinen Garten auf. Alpakas wären besser. Sie sind brav und haben weiche Pfoten wie Hunde.«

»Wirklich? Ich weiß nicht viel über Alpakas, außer dass sie ganz hinreißend sind. Auf der Koppel neben der Schule gibt es drei oder vier. Ich liebe die weißen.«

»Also, denk drüber nach. Sie sind nicht mehr so teuer wie früher.



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